Auf den Text bin ich vorhin in einer der Sneakergruppen gestoßen. Zitiert wird ein Beitrag aus einem Uhrenforum. Es geht um den Hype, in diesem Fall um Uhren, jedoch ist der Text recht allgemein geschrieben und meiner Meinung nach auch auf Turnschuhe und den aktuellen, bzw. seit einiger Zeit anhaltenden Hype ums selbige anwendbar. Ganz interessanter Ansatz mit der Wellenförmigkeit!
"Die klassische Wellenbewegung. Irgendein Sammlerfeld dümpelt vor sich hin und wird von einem überschaubaren Expertenfeld beackert, gehandelt wird untereinander, man kennt sich. Von diesen Feldern gibt es tausende. Das können Ü-Eier sein oder historische Bibeln, Musikinstrumente, Rahmdeckeli oder alte Handies. Es spielt keine Rolle, ob der Gegenstand teuer oder billig, selten oder gewöhnlich ist - entscheidend ist eine gewisse Anzahl von Interessenten, die ein Grundrauschen erzeugen.
Das kann über Jahre so weitergehen ohne nennenswerte Bewegung. Die Gegenstände der Begierde mögen selten sein, aber der Kreis der Interessierten ist es auch, so bleiben die Preise im Rahmen und das Geschäft bleibt langsam und überschaubar.
Irgendwann kann sich so ein Markt mal evolvieren zu einer größeren Bewegung. Die Anlässe hierfür können viele sein: Mode, Marketing, Zufall. Die wenigsten Sammelgebiete tun das und bleiben immer in ihrer Nische. Manche wenige aber erleben einen kurzfristigen Hype (Swatch, Ü-Eier, TK-Karten). Andere hingegen erleben einen Hype, der sich über eine ganze Generation erstrecken kann (Briefmarken, Orientteppiche). Aber eines haben sie alle gemeinsam: die Wellenbewegung.
Die Welle setzt am Tal an: niedrige Preise, niedriges Volumen. Irgendwann setzt die Welle ein. Bissi Marketing, das eine oder andere Auktionsergebnis, die naturgemäße Grundcoolheit des Gegenstands an sich, bissi Zufall gehört auch dazu. Der Zufall ist wesentlich: es gibt Myriaden von Marketingexperten, die nichts anderes tun, als Hypes zu planen. den wenigsten gelingt es. Man bleibt untersich in 1-2 Fachforen und auf kleinen Treffen.
Aber irgendwann gerät die träge Masse in Bewegung. Ein Gegenstand kommt ins Rampenlicht und wird von einer relevanten Zielgruppe (in unserem Fall wohlhabende Männer zwischen 25 und 45 - DIE geilste Ziegruppe überhaupt) focussiert, eine gewisse Nachfrage setzt ein. Auf die Preise wirkt sich das erstmal nicht aus, denn noch ist ja Ware am Start. Man findet sie bei den alteingesessenen Experten. Das einzige, was zunächst passiert: deren Bestände lichten sich. Noch ist die Chance der Zufallsfunde hoch, denn viele, die etwas verkaufen, wissen nicht, was sie da haben. Weil sie ja auch noch nichts haben. Daß sie mal was hatten, wissen sie erst eine Stufe später, aber jetzt im Moment hat der gehandelte Gegenstand just den Wert, den der Käufer bereit ist, zu zahlen. In den Foren wird ab und zu mal nachgefragt, Wissen und Halbwissen sammelt sich an, Experten kristallisieren sich heraus.
Die nächste Stufe: die Welle gerät in Fahrt. Immer mehr Leute strömen uafs Gelände. Es wird schwerer, an gute Stücke zu kommen. Man sucht das Feld ein wenig weiter ab und kauft andere, ähnliche Stücke vom gleichen Hersteller. Man beginnt, sich auf Sammelgebiete zu konzentrieren. Preise ziehen langsam an. Die Gegenstände werden interessant für Sammler, diese machen sich daran, das gesammelte zu dokumentieren. Die Dokumentationen werden von Interessieren wahrgenommen, sie können sich eingehend informieren und weiterbilden. Langsam wird auch etwas mehr Geld umgesetzt. Uhrenhändler werden zu ROLEX-Händlern, private Sammler verkaufen das eine oder andere Stück und stellen fest, daß sie überraschend gut verdient haben. In den Foren steigt die Nachfrage, man erfährt immer mehr, immer mehr sammler zeigen immer bessere Fotos von immer interessanteren Stücken. Hiefrür werden sie bejubelt.
Boom, Boom, Boom, shake the room. Alles wächst jetzt. Nur eines schrumpft. Es wachsen die Anzahl der Sammler. Den Alteingesessenen Experten folgen zunächst die Freaks, ihnen folgen die Epigonen. Jeder will jetzt. Teils, weil der Gegenstand cool ist und einen hohen Alltagswert hat. Teils, weil Margen locken. Zu denjenigen, die den Gegenstand an sich dokumentieren gesellen sich diejenige, die den Gegenstand unter Investmentaspekten beleuchten. Investmentaspekt. Zu den Sammlern geslelen sich die Spekulanten. Die wissen, wie es geht. Entsprechend werden Events kreiert, astronomische Summen tauchen auf. Für Gegenstände, die vor kurzem noch kaum jemanden interessiert haben und die per se keinen hohen Wert haben. Phantasien werden frei - der Traum von DEM Garagenfund, DEM Grail, DER Gelegenheit. Die Händler sind da. Es gibt auf einmal ziemlich viele davon. Und alle haben das ,was der Markt will. Geld spielt keine Rolle, denn der Konsument denkt nicht mehr in Zahlen. Warum auch? Alles, was er gekauft hat, ist binnen kurzer Zeit im Wert gestiegen. Sahnebedingungen für jeden Händler, der weiß, was der Markt will. Alles wächst: die Anzahl der Käufer, die Anzahl der Händler, die Summen. Nur eines schrumpft: die Menge der Güter. Die war schon immer verhältnismäßig knapp. Aber nun wird es eng: die Händler haben gut gearbeitet und die Sammler haben fleißig gesammelt. Was nun? Neue Ware braucht der Markt. Auch die Foren wandeln sich. Es geht nicht mehr um den Gegenstand, sondern um den Lifestyle, der damit konnotiert wird. Was finden Uhrensammler denn noch so gut? Autos? Kleidung? Markenartikel? Her damit!
Der Peak. Der Ruf nach neuer Ware ist laut, die Anbieter hören. Nun muß man wissen: Uhren sind Erzeugnisse. Sie wurden irgendwann mal hergestellt. Sie können wieder hergestellt werden. Zwischen den 70er und den 10er Jahren liegt ein halbes Jahrhundert technischer Innovationen. Vieles ist möglich und die Gegenstände sind keine Rocket-Science, sondern Massenware. Dann machen wir uns halt an die Arbeit. Immer mehr excellente Stücke treffen auf den Markt. Sie sind immer besser, immer neuwertiger, immer perfekter. Keinen stört das ,denn jeder weiß: die Händler haben magische Connections. Hier trifft die Perfektion der Anbieter auf die Schlampigkeit des eigentlichen Herstellers. Fehlende Dokumentation erhöht den Grauraum für Spekulationen. Denn kaum was kann aus erster Hand bewiesen werden. Das vergrößert den Spielraum für Kreative. Alles, was der Markt will, bekommt er auch. In den Foren wird es grell, eine Rekordmeldung jagt die nächste, ein Prachtstück nach dem anderen wird gezeigt. Erste Unkenrufe werden laut. Immerhin gehts um einiges.
Der Kaiser hat keine Kleider an. Das Spiel wird nun vielen Alteingesessenen zu bunt. Sie spielen zunehmend nicht mehr mit. Teils, weil sie nicht mehr können dank mittlerweile exorbitanter Summen, teils, weil sie es nicht mehr mit Enthusiasten, sondern mit Geschäftemachern zu tun haben. Manche ziehen sich zurück, manche cashen out, manche spielen weiter. Aber der Markt an sich hat sich gewandelt. Viele Käufer haben eben gekauft in der Hoffnung auf Gewinne. Manche sehen die Spitze gekommen und wollen verkaufen. Manche haben vielleicht auf Pump gekauft und die Dispoklingel klingelt immer lauter. Manch andere haben einfach keinen Bock mehr und wenden sich einem neuen Hobby zu, so wie sie sich seinerzeit den Uhren zugewandt haben. Manche langweilt das Spiel, für einen Tritiumpopel den Gegenwert eines Gebrauchtwagens ausgeben zu müssen, manche sind die Unsicherheit und Windigkeit satt, wenn sie auf einer Börse im Händlerfeld den Gegenwert von 5.000 Jahren Knast vor sich haben. Was also passiert: Ware trifft auf den Markt. Viel Ware, gute Ware, teure Ware. Und immer weniger kaufen. Weil sie nicht können, weil sie der Ware nicht trauen, weil sie keinen Bock mehr haben.
Die Talfahrt. Die ersten verlieren. Manche können horten, manche hakens ab, andere befällt die schiere Panik. Raus, lieber jetzt als nie. Die Mode hat sich geändert, das Geld sitzt weltweit nicht mehr locker, andere, echte Werte sind auf einmal gefragt. Man fragt sich, ob ein gammliger Zettel aus den 60ern wirklich 20k wert ist. Fälschungen werden publik, Veredelungsmethoden auch. Der Markt sinkt zusammen wie ein Soufflee im Wind. Zurück bleiben die, die am Anfang auch gespielt haben. Die reiben sich kurz die Augen, haken die letzten Jahre als "die wilde Zeit" ab. Die Stücke verschwinden in den Auktionshäusern auf den hinteren Seiten. Manchmal verschwinden die Auktionshäuser gleich mit. Die Uhrenhändler handeln wieder mit Gebrauchtwagen oder womit auch immer, der perlmuttfarbene 65 CL AMG ist schließlich bis 2014 geleast.
Die Talsohle. Alles auf Anfang. Der Markt hat sich gewandelt. Söhne teilen selten die Leidenschaften ihrer Väter. Tonnen von verstaubenden Märklinanlagen und Regalmeter voller Briefmarkenalben zeugen davon. Wieder beschäftigen sich nur die Alteingesessenen mit ihren Themen und durch die Messehalle rollen die Wüstenrosen. Wer weiß, irgendwann gehts auch mal wieder aufwärts. "
Quelle: HIER
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